Liebe Gemeinde,
Ihr wisst ja schon, dass ich dem alten kirchlichen Brauch nachkomme, im Ostergottesdienst einen Witz zu erzählen, um das Osterlachen (lat.: risus paschalis) anzuregen.
Ein Mann kommt zum Orthopäden: Mit tut der Fuß weh. Dann zieh einmal die Schuh und Socken aus. Und die Füß könntest dir auch amal waschn. Das hat mir mein Hausarzt auch schon gsagt, aber ich wollte noch eine zweite fachärztliche Meinung einholen.
Liebe Gemeinde, so wie im Witz sich die Aussagen von Hausarzt und Orthopäden nicht unterscheiden, so ist es auch im Evangelium: Der Engel und Jesus selber sagen dasselbe: Zuerst: Fürchtet euch nicht! und dann: Geht nach Galiläa!
Berührt uns eigentlich die Osterbotschaft des Engels? Wenn er sagt: „Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat.“ Ich denke, am ehesten berührt sie uns dann, wenn wir selber – wie die Frauen - von Trauer und Angst betroffen sind. Wir müssen als Trauernde oder Geängstete damit rechnen, dass es seine Zeit braucht, bis wir die Osterbotschaft begreifen. Bei den Jüngern Jesu war es auch so. Es dauerte seine Zeit, bis sie die Botschaft begreifen konnten. Es ist so, wie es manchmal bei einem Medikament ist, das man über eine längere Zeit anwenden muss, bis es wirkt.
Wir erleben den Tod als das endgültige AUS. Solange der Kranke noch lebt, ist noch Hoffnung, dass wieder alles gut wird. Aber wenn der Tod eintritt, ist es aus mit allen Hoffnungen. So war es auch bei den Frauen am Grab und bei Jesu Jüngern. Alle Hoffnungen waren zunichte. Aber dann hören die Frauen: Jesus ist auferstanden. Er ist nicht mehr im Grab. Es ist nicht aus. Man kann Jesus finden.
Skeptische Menschen sagen: Wenn es nun wirklich so gewesen sein sollte, dass Jesus auferstanden ist. Ist das nicht etwas Einmaliges? Was hat das mit mir zu tun und mit meinem verstorbenen Mann oder Frau oder Bruder oder Schwester oder Kind?
Ihr Lieben, man kann sich mit diesem einmaligen Jesus verbinden. Die Verbindung mit Jesus ist grundgelegt in der Taufe. Wir verbinden uns mit Jesus im Glauben, im Gebet, im Hören auf sein Wort. Wir verbinden uns mit ihm, wenn wir uns von ihm führen lassen. ER sagt ja: „Ich bin der gute Hirte“ und möchte auch dich als guter Hirte führen. Die Beziehung zu Jesus beschreibt er so: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ ( Joh 10, 27-28) Auch der Tod soll uns nicht aus Jesu Hand reißen. Über die Beziehung zu Jesus durch die Taufe heißt es: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden“ (Mk 16,16). Zur Stärkung des Glaubens sind wir zum Hl. Abendmahl eingeladen. Dazu sagt Jesus: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken.“(Joh 6, 54) So mit Jesus verbunden bleibst du nicht im Tod, sondern kommst du mit IHM zur Aufestehung.
Fürchtet euch nicht! Sagt der Engel und nochmals sagt es Jesus: Fürchtet euch nicht! Es gibt ja viele Ängste. Ich denke, jede Angst ist ein Auswuchs der Todesangst. Jede Angst ein Zweig am starken Stamm der Todesangst. Angst ist ja notwendig zum Überleben. Jesus gesteht auch seinen Jüngern zu: „In der Welt habt ihr Angst“ (Joh 16,33). Aber es ist wichtig, die richtigen Größenverhältnisse zu sehen: Dass Jesus, der Auferstandene, immer größer ist als das, was uns Angst macht. Viele Ängste sind es, die Menschen plagen: Angst vor einer Prüfung, die Angst, etwas zu verlieren: Besitz, Wohlstand, einen Menschen, den Job. Angst vor Krieg, Terror, Katastrophen, vor der Flüchtlingswelle. Angst vor dem Alter, vor Krankheit, davor, auf Hilfe angewiesen zu sein, Angst vor dem Tod.
Allen diesen Ängsten gegenüber heißt es: Fürchtet euch nicht! Fürchtet euch nicht, denn der lebendige Herr ist dein Begleiter. Die „Heidenangst“ verschwindet, wenn ich kein Heide bleibe, weil ich mich an Jesus halte.
„Ich weiß, dass ihr Jesus sucht“ sagt der Engel zu den Frauen. Stimmt das auch für uns? Suchen wir auch Jesus? Vieles suchen wir: Vergnügen, Geld, Anerkennung, Erlebnisse, Sinn, Liebe Sicherheit, die Stillung des Lebenshungers und Lebensdurstes. Sobald wir etwas von dem haben, was wir gesucht haben, suchen wir nach noch mehr. Weil den Lebenshunger nicht die Dinge dieser Welt sättigen können. Der Lebenshunger ist in seiner Tiefe der Hunger nach Gott. Darum: Suche Gott! In Jesus Christus lässt sich Gott finden. Jesus Christus ist gekommen, um uns das Leben in Fülle zu bringen. „In Christus wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“ (Kol 2,9)
Sowohl der Engel als auch Jesus schickt die Jünger nach Galiläa. Dort werden sie Jesus sehen. In Galiläa hat alles mit Jesus angefangen. Dort hat er seine ersten Jünger berufen. Galiläa ist eine verachtete Gegend. „Was kann aus Galiläa gutes kommen?“ Hat es geheißen. Unser Galiläa ist die Kirche. Die Gemeinde, die im Namen Jesu versammelt ist. „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ sagt Jesus (Mt 18,20). In der Gemeinde hat er mit dir angefangen. Da bist du getauft worden. Da hast du Gottes Wort gehört und bist zum Glauben gekommen. Da wird dir das hl. Abendmahl gereicht, um deinen Glauben zu stärken. Die Kirche ist aber auch ein verachteter Ort. Jesus erteilt dem Solochristentum eine Absage. Viele versuchen ja ein Solochristentum. Wozu brauche ich die Kirche? sagen sie. Christus ist ja in mir. Freilich kann ein Christ sagen: Christus ist in mir – aber nur in dem Maße, in dem ich Christus in mir aufnehme. Mit seinem Wort aufnehme. Mit dem hl. Abendmahl aufnehme, von dem Jesus sagt: „Das tut zu meinem Gedächtnis“. Weil aber das menschliche Gedächtnis erfahrungsgemäß schwach ist, müssen wir es immer wieder tun. Lasst uns Jesus dort suchen und finden, wo er uns sagt, dass er zu finden ist
Die Frauen umfassten Jesu Füße. Das Angesicht Jesu ist dem Himmel vorbehalten. Aber seine Füße können wir umfassen. Seine Füße sind die Menschen, die im Namen Jesu zu den Menschen gehen. Auch du sollst und darfst ein Fuß Jesu sein. Wenn manchmal gesagt wird: „Jesus hat keine anderen Hände und Füße als unsere Hände und Füße“, dann halte ich das für falsch. Aber richtig ist: Auch du sollst ein Fuß Jesu sein. Nicht ein lahmer Fuß, sondern ein freudig bewegter. Wohin sind sie gesandt? Zu den „Brüdern“. Das sind die Mitchristen. Die, die den Glauben verloren haben und Stärkung im Glauben brauchen. Wenn wir zu ihnen hingehen, brauchen wir nichts Neues erfinden. Was Jesus gesagt hat, das sagen auch seine Boten. Es braucht nicht viele Worte. Aber das soll deutlich werden: Fürchte dich nicht! Jesus lebt. Der Tod ist besiegt. Jesus ist stärker als alles.
Am Ende des Matthäus-Evangeliums wird deutlich, dass Jesu Boten nicht nur zu den Mitchristen gesandt sind, sondern alle Völker sollen es hören. Die, die noch nie etwas von Christus gehör haben. Dass sie die Botschaft von Jesus hören, das ist die Verantwortung von uns Christen. Vielfach brauchen wir heute nicht weit gehen, weil die Völker als Flüchtlinge zu uns kommen. Sie sollen es hören: Christus ist auferstanden. Christus lebt. „Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken? Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken. Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht.“ (EG 115)
Die Freude darüber möge alle Furcht vertreiben – bei uns und bei denen, zu denen wir kommen.
Amen.
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