Predigt von Pfarrer Hans Hecht zu Ostern in der Martin-Luther-Kirche in Lienz
Predigttext: 1.Samuel 2: |
Liebe Gemeinde, es ist ein alter kirchlicher Brauch, dass der Pfarrer zu Ostern einen Witz erzählt, um den Risus paschalis, das Osterlachen, anzustoßen. Eine Frau besucht ihre Nachbarin. Grüß dich Bäuerin! Grüß Dich Nachbarin. Nette Pippalan (Küken) hast. 37 sinds. Hast du auch welche? Nein. Keine Pippalan? Wieso denn nicht? Ich verstehs ja auch nicht. 4 Legehennen hab ich. Sitzen brav auf den Eiern, aber es schlüpfen keine Pippalan. Keine Pippalan. Am End liegst am Hahn. Am Hahn liegts gewiss nit. Warum bist da so sicher? Weil I keinen hab. Um Nachwuchs, bzw. ausbleibenden Nachwuchs geht es auch in der Geschichte von Hanna. Davon aber später. Ich setze ein bei Vs 6: „Der Herr tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf.“ Das ist die Osterbortschaft. An Christus ist es sichtbar geworden. Er wurde getötet und ist auf ganz neue Art lebendig geworden. Nicht mehr gebunden an Raum und Zeit. Er war gelichzeitig an verschiedenen Orten und hat doch Spuren in Raum und Zeit hinterlassen: War sichtbar, hörbar, greifbar und hat getrunken und Speise verzehrt. Dieser auferstandene Christus ist Haupt der Gemeinde. Haupt eines Leibes mit vielen Gliedern. Die Glieder folgen dem Weg des Hauptes. Auch sie sterben und werden lebendig, werden ins Totenreich geführt und wieder herauf. Als der amerikanische Evangelist Billy Graham noch lebte sagte er: Eines Tages werdet ihr lesen: „Billy Graham ist tot“. Glaubt kein Wort. Ich werde lebendiger sein als je zuvor. Er ist auch ein Glied am Leib und wird von Gott wieder lebendig gemacht. Wer ist nun ein Glied am Leib des Christus? Petrus sagt in der Pfingstpredigt: Kehrt um und lasst euch taufen! Und Jesus sagt: Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden (Mk 16,16). Durch die Taufe, den Glauben, das Hören auf Christus und die Teilnahme am Hl. Abendmahl werden und bleiben wir Glieder am Leib des Christus. Das hl. Abendmahl verbindet uns in besonderer Weise mit Christus. Er sagt: „Wer mein Fleisch isst und trinkt mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm“ (Joh 6, 56). Als Glieder an Christus können wir singen: „Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken? Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken. Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht.“ (EG 115,1) Es ist ein Leben in einen anderen Welt, die wir noch nicht sehen können, eine noch unsichtbare Wirklichkeit. Sonderbar ist, dass diese Worte: „Der Herr tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf.“ im Alten Testament stehen. Hanna konnte noch nichts von Christus gewusst haben. Könnte es sein, dass sie unbewusst als Prophetin gesprochen hat? Jesus selber sagt, dass die hl. Schrift (damit meint er das AT) von ihm redet (Joh 5,39). Übrigens lohnt es sich, das AT einmal so zu lesen und zu suchen, an wie vielen Stellen sie von Jesus redet. Wenn Hanna hier wäre, würde sie aus ihrem Leben erzählen: Jahrelang hatte ich kein Kind. Was hat das Leben einer Frau für einen Sinn, wenn sie kein Kind bekommt? Wozu lebe ich dann? Wäre es nicht besser, ich wäre tot? Von einer toten Frau erwartet man nicht, dass sie ein Kind bekommt. Ja, ich war tot. Verachtet und gedemütigt von der anderen Frau meines Mannes. Aber Gott hat mein Gebete erhört. Sie waren nicht umsonst. Ich wurde schwanger. Ich war wieder lebendig. Ich erlebte es: Der Herr tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf. Ich konnte ein Kind zur Welt bringen. Einen Bub. Ich gab ihm den Namen Samuel. Das heißt „Gott hört“. Hanna weiß: Das Kind ist Gottes Geschenk. Ihm dankt sie. Wir wissen nicht, ob sie ihr Lied selber formuliert, oder eines aus der Tradition der Gläubigen übernimmt. Auch in unserer Zeit leiden Paare unter einem unerfüllten Kinderwunsch, aber auch aus anderen Gründen: Krankheit, Misserfolg bei der Arbeit, finanzielle Probleme, Verlust eines Menschen, Einsamkeit, Gefühl von Sinnlosigkeit, Verachtung, Streit, Schuld, Glaubenszweifel,… Das Schicksal der Hanna ist eine Einladung zum Gebet und zum Gottvertrauen. Auch heute gibt es Wunder. Dann und wann erlebe ich eines. Manchmal darf ich teilnehmen an einem Wunder, das ein anderer erlebt. Ich besuche einen Mann im Krankenhaus. Er erzählt: Es stand ganz schlecht. Aber heute geht es viel besser. In einigen Tagen schon darf ich aus dem Krankenhaus wieder nach Hause. Dann frage ich den Mann, ob ich für ihn ein Dankgebet sprechen darf. Dann bete ich: Ich danke dir, Gott, dass du diesem Mann die Gesundheit wieder geschenkt hast. Du, Gott, bist unser Helfer und unser Arzt. Dann sage ich dem Mann: Wenn sie dann wieder zu Hause sind und wieder einigermaßen auf den Beinen, dann kommen Sie doch in die Kirche, um im Gottesdienst mit der Gemeinde ein Danklied zu singen. Es gibt keinen Gottesdienst, in dem wir nicht ein Danklied singen. Den Dank gesungen, das ist doppelt gebetet. Es sind Lieder, die schon Generationen von Gläubigen vor uns gesungen haben, Menschen, die schon lange tot sind. Ich korrigiere mich: Die schon gestorben sind, und doch nicht tot, sondern lebendig sind bei Gott. So sind wir verbunden mit einer langen Kette von Gläubigen, die Gottes Wunder erfahren haben und auch mit den Engeln im Himmel. Warum hat Gott Hanna das nicht erspart? Die Zeit des „getötet seins“? Hätte Gott es ihr erspart, dann hätten wir nicht ihr Danklied. Das ist sicherlich nicht eine Antwort auf alle Fragen, aber doch auf manche Fragen nach dem Leid, dass nach dem dunklen Tal das Licht doppelt hell strahlt. Ich denke an einen Mann, der im Krieg von einem Panzer überrollt wurde. Die Ärzte hatten ihn aufgegeben. Der Mann ist heute 95 Jahre. Ich denke, dass er sein Leben noch viel mehr als Geschenk betrachtet als ich, der ich solches nicht erlebt habe. Es ist wichtig, dass wir die Wunder Gottes wahrnehmen. Auch die kleinen. Für mich ist es ein Wunder, wenn am Morgen, wenn ich kurz vor sechs aufwache und es noch dunkel ist, die Vögel singen, dass jetzt nach dem Schnee die Blüten der Krokusse aufbrechen, ja mein Leben ist ein Wunder. Diese kleinen Wunder sind Hinweis auf den Gott, der noch Größeres vermag, dem nichts unmöglich ist. Hanna bekommt ein Kind. Manche mögen sagen: Das ist doch etwas Natürliches, dass eine Frau ein Kind bekommt. Hanna erkennt: Das ist Gottes wunderbares Geschenk. Von diesem „kleinen“ Wunder schließt sie auf das größere: Gott, du kannst noch mehr. Du kannst auch Tote lebendig machen. Das sehen wir auch bei Jesus: Jesus heilt einige Menschen. Diese Wunder sind Zeichen, die auf Größeres hinweisen: Auf den Himmel, in dem es keine Krankheit mehr geben wird. Jesus weckt drei Tote auf. Diese Totenauferweckungen sind Hinweiszeichen auf die große Auferweckung der Toten. Mögen unsere kleinen Wunder Hinweiszeichen sein auf den großen Gott. Mögen diese kleine Wunder unseren Glauben stärken an die Auferstehung von Christus und auf unsere Auferstehung von den Toten. Lasst uns aber nicht nur vom Kleinen auf das Große schließen, sondern auch umgekehrt: Vom Großen auf das Kleine. Das Größte ist die Auferstehung von den Toten und das ewige Leben. Im Blick auf dieses Große verlieren viele Dinge, die uns wichtig scheinen und uns oft auch belasten, ihre Bedeutung. Die Angst, etwas z/u verlieren schwindet und der Kummer, etwas entbehren zu müssen, wird gering, weil wir mit dem auferstandenen Christus ALLES haben. Amen. |