Predigt von Pfarrer Hans Hecht am Reformationstag in der Martin-Luther-Kirche in Lienz
(31.10.2018)
Predigttext: Galater 5: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! |
Liebe Gemeinde, wir wollen jemandem gefallen: Das Kind den Eltern, dem Lehrer, den Freunden. Hoffentlich du Ehemann der Frau, du, Frau dem Mann. Viele sagen: Ich will mir selber gefallen. Ich will mit mir zufrieden sein. Manche sagen: Ich will Gott gefallen. In einer Firma gibt es eine Hierarchie. Wie sieht die Hierarchie in deinem Leben aus? Wem willst du unbedingt zuerst gefallen? Ist es Gott? Steht er bei dir auf dem Platz, der ihm zusteht? Logisch wäre es, zuerst zu fragen: Gott, wie kann ich dir gefallen? – Wir sind ja ganz in seiner Hand. Aber: Wie kann ich ihm gefallen? Geht das überhaupt? Hier im Bibelwort, ganz am Schluss, steht es, wie wir Gott gefallen: Durch den Glauben, der durch die Liebe tätig ist. Was ist Glaube? Viele denken: Glaube ist Unglaubliches für wahr halten – und sagen: Ich kann nicht glauben. Ihr Lieben: Glaube ist zuerst Vertrauen. Vertrauen kann jeder. Ich sage sogar: Ohne Vertrauen kann kein Mensch leben. Christlich glauben heißt Jesus vertrauen. Jesus vertrauen – Wie gelingt das? Zuerst: Sein Leben anschauen. 4-fach ist es in der Bibel geschildert in den 4 Evangelien. Hören auf Menschen, die etwas mit Jesus erlebt haben. Darum habe ich mir gerade die Biografie von Klaus Eickhoff gekauft. Der eigentliche Weg aber, wie wir Jesus vertrauen lernen, ist: Selber in einer Beziehung mit Jesus leben. Ohne dass ich in einer Beziehung mit Jesus lebe, kann ich nicht glauben lernen. Das ist wie beim Schifahren: Auch wenn ich mir 100 Schirennen im Fernsehen anschaue, kann ich immer noch nicht Schifahren. Nur wenn ich selber fahre, kann ich es lernen. Wie kann ich in einer Beziehung zu Jesus leben? Dazu gehört das Gespräch. Dass ich ihm sage, was mein Herz bewegt: die Bitten, den Dank. Gespräch heißt auch auf ihn hören: Auf seine Worte in den Evangelien. Auf seine Worte in den Briefen der Apostel. Zu den Aposteln sagt ja Jesus: Wer euch hört, der hört mich (Lk 10, 16). Auch in der Predigt im Gottesdienst kannst du Jesus durch den Mund des Pfarrers hören. Eine Hilfe beim Gespräch mit Jesus ist, wenn es laut geschieht: Dass ich ihm nicht bloß in Gedanken, sondern mit hörbaren Worten meine Bitten vortrage und ihm meinen Dank sage. Dass ich nicht bloß still die Bibel lese, sondern die Worte hörbar spreche. Eine Hilfe beim Gebet ist auch, die Worte nicht nur zu sprechen, sondern aufzuschreiben. Jesus einen Brief schreiben. Ein Gebetstagebuch führen. Damit die Beziehung mit Jesus sich nicht bloß auf der Ebene der Worte bleibt, hat Jesus das Heilige Abendmahl eingesetzt. Da gibt es etwas zum Sehen, Angreifen, Schmecken. Schmeckt und sehet, wie freundlich der Herr ist sagt der Pfarrer beim Heiligen Abendmahl. Damit die Beziehung zu Jesus leibhaftig wird, hat Jesus auch die Gemeinde, die Kirche gegründet, die der Leib des Christus ist. Wenn sich da auch nur zwei oder drei versammeln sollten – Jesus ist mitten unter ihnen (Mt 18, 20). Was ich dem Bruder oder der Schwester in der Gemeinde tue, das tue ich Christus (Mt 25, 40). Für die Beziehung zu Jesus gibt es Anschauungsunterricht bei der Beziehung zwischen Mann und Frau. Da sehen wir, dass das Gespräch die Beziehung fördert. Wir sehen aber auch, wie eine Beziehung belastet wird, wenn einer tut von dem er weiß, dass es dem anderen nicht gefällt. Es gibt Ehen mit einem glücklichen Miteinander; es gibt aber auch Ehen, die nur noch auf dem Papier bestehen. Sie haben einander nichts mehr zu sagen. Es ist kein Miteinander, sondern ein Nebeneinander. Bei „Christen“ sprechen wir dann von „Taufscheinchristen“; oder krass ausgedrückt von „Karteileichen“. Wenn eine Ehe nur noch auf dem Papier besteht, gibt es die Möglichkeit, dass das Feuer der Liebe, das doch einmal da war, wieder auflodert. Voraussetzung ist, dass beide das wollen und sich darum bemühen. Vielleicht hat dich die Formulierung „Taufscheinchrist“ betroffen gemacht. Vielleicht sagst du: Das bin ich. Bei mir ist vieles nur Schein. Wenn bei dir der Wille ist, dass die Beziehung zu Christus wieder lebendig wird – bei Christus ist der Wille ganz bestimm vorhanden. Ja es heißt in der Bibel: Es wir Freude im Himmel sein über einen einzigen Menschen, der umkehrt (Lk 15, 10). Wie geht das – die Beziehung mit Jesus wieder lebendig werden lassen? Sage Jesus , was in deinem Leben nicht recht war. Deine Verfehlungen. Und bitte ihn um Vergebung. Das Angebot der Allgemeinen Beichte ist auch heute im Gottesdienst gegeben. Es gibt aber auch in der Evangelischen Kirche das Angebot der Einzelbeichte. So könnte der heutige Reformationstag nicht bloß ein Gedenktag an die Erneuerung der Kirche sein, sondern ein Tag der Reformation deiner persönlichen Jesus-Beziehung. So könnte der Reformationstag für dich ein ganz besonderer Festtag werden. In einer Beziehung beeinflusst einer den anderen. Zum Beispiel der Musikgeschmack. Vielleicht liebt sie klassische Musik. Vielleicht hat er nie Gefallen daran gefunden und vielleicht sogar verächtlich darüber gesprochen. Aber nun ist es die Lieblingsmusik seiner lieben Frau. Da wird er aufhören, verächtlich darüber zu reden und vielleicht sogar selber Gefallen daran finden. Wenn man für Jesus ein einziges Wort suchen wollte, dann wäre es das Wort Liebe. Aus Liebe hat er bei der Hochzeit in Kana für Wein gesorgt. Aus Liebe sucht er die Gemeinschaft mit Zöllnern und Sündern. Aus Liebe kümmert er sich um Kranke und geht zu den Aussätzigen. Aus Liebe schafft er Hungernden Bort und tröstet Trauernde. Aus Liebe wäscht er seinen Jüngern die Füße. Aus Liebe geht er ans Kreuz. Wenn einer in Beziehung zu Jesus lebt, dann macht ihn das zu einem Liebenden. So wird der Glaube in der Liebe tätig. Das ist es, was Gott gefällt. Ein Glaube, der nicht in der Liebe tätig wird, ist kein echter Glaube. Es ist ein eingebildeter Glaube. Einer bildet sich ein, Christ zu sein, weil er verschiedene religiöse Tätigkeiten entfaltet. Zur Zeit des Paulus waren es Tätigkeiten, die aus dem Judentum kamen. Z.B. die Beschneidung oder die Beachtung von Speisevorschriften. Diese Tätigkeiten machen keinen Christen. Deshalb befreit uns die Bibel von solche Tätigkeiten. Zur Zeit Luther war das Kaufen von Ablassbriefen so eine Tätigkeit, die keinen Christen macht. Deshalb hat Luther uns davon befreit. Heute sind das andere Tätigkeiten, von denen manche meinen, dass sie das Christsein ausmachen. Unser Bibelwort heute macht uns bewusst: Nicht wegen einer religiösen Tätigkeit gefalle ich Gott, sondern wegen des Glaubens, wegen der Christusbeziehung, die mich freudig liebevoll tätig werden lässt. Amen. |