Zum Nachlesen aus dem Gottesdienst mit
Pfarrer i.R. Hans Hecht
Vorletzter Sonntag im Kirchenjahr
13. November 2022
Predigttext Lukas 18 Jesus sagte seinen Jüngern ein Gleichnis davon, dass man allezeit beten und nicht nachlassen sollte, 2und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. 3Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam immer wieder zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! 4Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, 5will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage. 6Da sprach der Herr: Hört, was der ungerechte Richter sagt! 7Sollte aber Gott nicht Recht schaffen seinen Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte er bei ihnen lange warten? 8Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen wird, wird er dann Glauben finden auf Erden? |
Liebe Gemeinde! Die Witwe, von der Jesus in dieser Geschichte erzählt, hat denkbar schlechte Karten. Sie ist allein. Ihr Mann, der ihr hätte helfen können, ist ja gestorben. Sie hat einen Feind. Was ihr hätte helfen können, war das Gesetz. Es gab ja in Israel gute Gesetze zum Schutz der Witwen. Aber der Richter, an den sie sich wendet, interessiert sich nicht für sie. Da ist ja auch kein nennenswertes Honorar zu erwarten. Trotzdem kommt die schließlich zu ihrem Recht. Warum? Durch ihre Beharrlichkeit. Sie geht dem Richter auf die Nerven. Er denkt sich: Wer weiß, wozu dieses rabiate Weib fähig ist. Am Ende gibt sie mir noch eine Watschn. Was will Jesus mit dieser Geschichte? Er will uns motivieren, dass wir beharrlich beten und des Gebetes nicht überdrüssig werden. Vielleicht bist du in einer Situation, die mit der Situation der Witwe vergleichbar ist. Vielleicht bist du auch einsam, verlassen, ohne Hilfe. Vielleicht bist du auch angefeindet von Menschen. Neulich schilderte mir eine Frau ihre Situation. Sie ist keine Witwe. Ihr Mann lebt noch. Aber da ist keine Liebe mehr. Ihr Mann macht ihr das Leben schwer. Manchmal sind es Menschen in der Familie oder Verwandtschaft, die einem das Leben schwer machen, manchmal die Nachbarn, oder eine Firma, oder eine Bank Manchmal sind die Lebensumstände feindlich: Eine Krankheit, die Situation am Arbeitsplatz, oder wenn jemand keine Arbeit findet, das Geld nicht reicht, Einsamkeit, Sorgen, oder wenn die Wohnsituation schwierig ist. Was dann tun? Jesus lehrt: Beharrlich beten! Dabei haben wir viel bessere Karten als diese Witwe, von der Jesus erzählt. Im Gebet wenden wir uns nicht an einen ungerechten Richter, sondern an Gott, den guten Vater im Himmel. Sein Herze schlägt für dich; besonders für die Schwachen. Er will nicht wie dieser Richter seine Ruhe haben, sondern will dein Bestes. Weil du sein Kind bist. Jesus verwendet das Wort „auserwählt“. Du bist in den Augen Gottes etwas ganz Besonderes. Auch wenn – wie Jesus sagt – der Vater im Himmel weiß, was du brauchst schon bevor du ihn bittest, will er doch, dass du im Gebet zu ihm kommst. Er will, dass du in Kontakt trittst zu ihm. Du sollst nicht meinen, dass du ihm mit deinem Gebet lästig werden könntest. Das ist besser als wenn du den Kontakt abreißen ließest. Mit welchen Anliegen kommen wir zu Gott? Bei mir ist es meist zuerst die Familie. Da zähle ich alle auf und danke Gott für jeden und bitte Gott um seinen Segen für sie alle. Und wenn mir einmal etwas weh tut, dann bitte ich Gott, dass er die Schmerzen vergehen lässt. So bitte ich mehrmals am Tag; immer wenn ich die Schmerzen spüre. Und wenn ich keine Schmerzen spüre, dann danke ich Gott für die Gesundheit. Viele werden wohl beten für das Ende des Kriege und für Frieden auf der Welt. Viele werden beten für die Flüchtenden und Hungernden, dass sie Hilfe bekommen. Viele werden beten für die Regierenden, dass sie für Gerechtigkeit sorgen; für die Wirtschaftstreibenden, dass sie wirksame Maßnahmen ergreifen zur Eindämmung der Erhitzung der Erde. Und dann bete ich auch um Weisheit und dass Gott mir zeigen möge, was ICH beitragen kann, die Nöte auf dieser Welt zu lindern. Und ich bitte auch um Stärkung im Glauben und um Kraft und Mut zur Umkehr bei mir und in unserer Gesellschaft. Bei der Witwe im Gleichnis können wir auch an die Kirche denken. In der Bibel wird die Kirche und Gemeinde auch mit einer Braut verglichen. Gott ist ihr Mann bzw. Bräutigam. Zwar ist Gott nicht gestorben wie der Mann der Witwe, aber oft ist doch das Gefühl da: Gott ist so weit weg; er ist unsichtbar. Wie die Witwe einen Feind hat, so geht es auch der Kirche. In vielen Ländern der Welt sind die Kirchen bedrängt, entrechtet und die Christen verfolgt. Beten wir für diese verfolgten Christen, dass sie trotz der Verfolgung im Glauben standhaft bleiben und dass es auch geschieht, dass einer, der einen Christen foltert, sich bekehrt und selber Christ wird. Es sind gerade die verfolgten Christen, die oft beten: Herr Jesus, komme bald und beweise es, dass du der Herr bist und unser Glaube keine Illusion. Beten wir auch für die Kirchen und Gemeinden in unserem Land, dass Gott treue Pfarrer und Pfarrerinnen gibt, missionarischen Eifer und wachsende Gemeinden mit Strahlkraft nach außen. Dass Gemeinden Lichter der Welt und „Stadt auf dem Berge“ werden. Unser Predigttext enthält auch einen Hinweis auf das Wiederkommen von Jesus Christus, dann, wenn alles hier zu Ende sein wird. Das ist ja auch das Thema am Ende des Kirchenjahres. Ein weitgehend vergessenes Thema, auch wenn wir in jedem Gottesdienst von Christus bekennen: „Er sitzt zur Rechten Gottes, des Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten“. Wann wir er wiederkommen? Rechnen wir damit, dass es bald sein wird! Im Predigttext stellt Jesus am Ende die Frage, ob er/e Glauben finden wird, wenn er kommt. Die Kirche hat den Auftrag, den Glauben an Christus in der Welt zu verbreiten. Der Missionsbefehl ist klar und deutlich: „Geht hin in alle Welt. Macht zu Jüngern alle Völker“. Der Eifer für die Mission ist vielfach erlahmt. Wie groß ist dein Eifer, den Glauben auszubreiten? Indem du Missionare unterstützt – durch dein Gebet und auch finanziell? Indem du in deiner Umgebung den Glauben ausbreitest, indem du den Glauben ins Gespräch bringst und dann bekennst, dass du glaubst und betest und auch glaubst, dass Gott deine Gebete hört? Die entscheidende Frage für dich ist nicht, ob Christus, wenn er wiederkommt, in der Welt Glauben finden wird. Die Frage ist: Wird er bei dir Glauben finden? Ich schätze, deine Antwort ist: „Ja, ich glaube; aber ich muss zugeben, dass mein Glaube oft schwach ist und wenig überzeugend“. Die Konsequenz ist dann: Bete! Werde Gott lästig mit dem Gebet: „Herr schenke und stärke mir den Glauben!“ Der Glaube ist ja das Entscheidende. Nur der Glaube kann erhörungsgewiss beten. Nur der Glaube hat die Verheißung des ewigen Lebens. Nur der Glaube kann ohne Angst in froher Erwartung dem wiederkommenden Christus entgegensehen. Und was hilft zum Glauben – außer dem Gebet? Paulus schreibt: „Der Glaube kommt aus der Predigt“ (Römer 10, 17) – Also aufmerksam hinhören bei der Predigt! Gottes Wort und Gebot gehorchen! Wer beständig gegen Gottes Wort und Gebot lebt, kommt schließlich vom Glauben ab. Zeit nehmen für Gott! Nicht nur für den Gottesdienst. Auch die Bibel lesen. Betend lesen, für sich allein und zusammen mit anderen. Spaziergänge machen mit Gott. Geh allein an der Drau spazieren. Aber doch nicht allein, sondern im Bewusstsein, dass Jesus an deiner Seite geht. Und dann komm ins Gespräch mit ihm, so wie du mit einem Menschen reden würdest. Sag ihm, was du schön findest und danke ihm dafür. Sage ihm, was dir Sorgen macht, was du planst und was dich sonst beschäftigt. Und schließlich: Engagiere dich für Gott. Das stärkt deine Glauben, so dass, wenn er wiederkommt, er bei dir Glauben findet. Amen. |