Predigt von Pfarrer Hans Hecht, am Sonntag Kantate, 29. 04. 2018
in der Martin-Luther-Kirche in Lienz
Predigttext Apostelgeschichte 16 Paulus und Silas im Gefängnis |
Liebe Gemeinde, da fragt einer (V. 31): „Was muss ich tun, dass ich gerettet werde?“ – gerettet aus Hölle und Verdammnis. Kaum einer fragt so. Höchstens um sich lustig zu machen, etwa mit dem Sager: „Brave Mädchen kommen in den Himmel. Böse Mädchen kommen überall hin“. Meistens sind die Fragen andere: Bei jungen Menschen: Wie kann ich Spaß haben? Welche Klamotten muss ich haben, um cool auszusehen. Später. Wie kann ich viel Geld verdienen? Im Alter: Wie kann ich meine Gesundheit erhalten und trotz meines Alters jung aussehen? Die Frage „Was muss ich tun, dass ich gerettet werde?“ kommt höchstens in Todesnähe vor. Bei einem Unfall oder in einer Krankheit. So war es auch bei Martin Luther. Er kam in ein Gewitter. Der Blitz schlug neben ihm ein. Es dürfte auch ein naher Freund gestorben sein. Da fragte Luther: „Wie kann ich vor Gott bestehen?“ Auch der Kerkermeister in der Apostelgeschichte war dem Tod nahe – er wollte sich ins Schwert stürzen – da fragte er „Was muss ich tun, dass ich gerettet werde?“ Manchmal betet einer: „Lieber Gott, bewahre mich vor gefährlichen Situationen!“. Vielleicht ist Gottes Antwort: „Manchen muss ich in eine lebensbedrohliche Situation bringen, dass er fragt: Was kommt danach?“ Was kommt danach? Wenn ich sterbe, ist alles aus. Das ist unsere Erfahrung wenn wir einen Toten gesehen haben. Er wird kalt und steif. Aus und vorbei. Himmel oder Hölle – Das war die Antwort bei früheren Generationen. Ein Licht – das ist die Antwort eines Menschen, der Bücher über Nahtoderfahrungen gelesen hat. Ich komme wieder auf diese Welt, sagen Menschen, die vom Hinduismus oder Buddhismus beeinflusst sind. Können wir denn wissen, was dann kommt? Es ist ja noch keiner zurückgekommen. Ich sage dann immer: Doch! Einer ist zurückgekommen. Jesus Christus. Und er spricht von Himmel und Hölle. Seine Boten tragen seine Botschaft weiter. In Wort und Schrift, unter Einsatz ihres Lebens. Für mich ist diese Bereitschaft, für diese Botschaft auch das eigenen Leben einzusetzen nur so erklärbar, dass ihnen der auferstandene Christus wirklich begegnet ist und sie beauftragt hat, diese Botschaft in die Welt zu tragen. Einer von ihnen ist Paulus. Er gibt die Antwort auf die Frage: Was muss ich tun, dass ich gerettet werde. In der Luther-Bibel steht „selig werden“ statt „gerettet werden“. Selig werden ist mehr als gerettet werden. Manchmal wir einer gerettet. Zum Beispiel aus einem Kriegsgebiet. Aber es bleibt eine bleibende Beeinträchtigung, wenn ein Bein durch eine Mine zerfetzt ist. Und das Trauma bleibt als lebenslange Erinnerung. Aber wenn einer „selig“ ist, dann ist alles in Ordnung. Das ist der Himmel. Warum fragen so wenige, wie ich selig werde? Ist es die Angst, dass die Antwort einen Weg beschreibt, der mir zu mühevoll ist? Oder ist die Rede vom Himmel zu märchenhaft? „Ich bin ein Realist“ sagt einer. Ich möchte entgegnen: Nein, du bist kein Realist, sondern überheblich, wenn du meinst, deine beschränkte Erfahrung sei die ganze Wirklichkeit. Die Bibel sagt, es gibt noch eine andere Wirklichkeit, die „kein Auge je gesehen hat“. Wenn dich einer fragen würde: Was muss ich tun, dass ich gerettet werde? – was wäre deine Antwort? Paulus antwortet ganz kurz und einfach: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du selig! Glauben heißt vertrauen. Wie ein Kind dem Papa und der Mama vertraut: Ich kann das nicht. Ich weiß nicht, wie das geht, aber du, Papa, Mama, du kannst das. Das heißt an Christus glauben: Du, Christus, bist nicht nur Mensch, sondern zugleich Gott. Ich vertraue dir, dass du auch für meine Schuld bezahlt hast, als du am Kreuz starbst. Ich vertraue darauf, dass ich dadurch vor Gott eine reine Weste habe. In den Augen Gottes rein und schuldlos dastehe. Ich vertraue darauf, dass du lebst und auch mich in das Himmelsleben hineinziehen wirst. Mit dir will ich verbunden sein. Die Taufe verbindet uns mit Jesus. Mit dir, Jesus will ich leben. Mit Jesus leben heißt mit seiner Gemeinde leben. In seiner Gemeinde werden Menschen getauft, seine Gemeinde feiert das heilige Abendmahl. Seine Gemeinde feiert Gottesdienst in seinem Namen, und wo das geschieht, ist er, Christus, da. Das wusste die Gemeinde, von der die Apostelgeschichte berichtet. Von dieser Gemeinde heißt es: „Sie blieben beständig In der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen (das ist das Hl. Abendmahl) und im Gebet. (Apg 2,42). Beim neu bekehrten Kerkermeister fängt das schon an: Er hört die Lehre der Apostel (Apostelgeschichte 16,32), und pflegt die Gemeinschaft – er lädt Paulus und Silas zu sich ins Haus zum Essen ein. Gewiss hat er auch eine Gemeinde gesucht und gefunden, wo er das heilige Abendmahl empfangen und mit der Gemeinde beten konnte. „Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig“. Sagte Paulus. Mit „Haus“ sind die Bewohner im Haus gemeint. Die Familie des Kerkermeisters und es gehörten wahrscheinlich aus Sklaven dazu. So passiert es ja oft, dass gläubige Menschen auf ihre Umgebung ansteckend wirken. Dass vor allem auch die Kinder zum Glauben kommen. Umso schmerzlicher ist es für gläubige Eltern, wenn das nicht so ist. Wenn ihre Kinder für den Glauben wie taub sind. Dann sollen diese Eltern ihre Kinder aber nicht bedrängen. Damit erreichen sie eher das Gegenteil: Dass die Kinder noch mehr eine Abwehrhaltung einnehmen. Die Eltern sollen nicht ihre Kinder bedrängen, sondern Gott bedrängen mit ihrem täglichen Gebet: Gott, dein heiliges Wort sagt: „Glaube an den Herr Jesus, so wirst du und dein Haus selig“. Mach dein Wort auch an unseren Kindern wahr. „Cantate (Singt!)“ heißt der Sonntag. Warum redest du erst am Ende der Predigt von diesem Thema? Weil ich zuerst vom Grund reden musste, warum einer singen und Gott leben soll: Dass Gott dem Glaubenden die Seligkeit schenkt. Um Mitternacht beteten und lobten Paulus und Silas im Gefängnis Gott. Vermutlich deswegen um Mitternacht, weil das nächtliche Gebet zur jüdischen Tradition gehört. Auch in christlichen Klöstern gehört das nächtliche Gebet zur Tradition. Es muss nicht um Mitternacht sein, aber es ist gut, wenn wir fixe Zeiten für das Gebet und das Lob Gottes haben. In unserer Familie sind es die Mahlzeiten, zu denen wir gemeinsam im Tischlied Gott loben. Genau genommen ist auch das Läuten der Kirchenglocken um 7 Uhr früh, zu Mittag und am Abend die Einladung zum Gebet und Lob Gottes. Es wird berichtet, dass die Mitgefangenen das Singen von Paulus und Silas im Gefängnis hörten. Offensichtlich war das den Aposteln nicht peinlich. Die Lienzer kennen gewiss den „Halleluja-Paul“, diesen Priester, der mit der Gitarre durch den Draupark geht oder sich auf den Hauptplatz stellt und singt. Warum nicht? Wenn ein Jugendlicher im Zug seine Handy-Musik so laut spielen kann, dass es das ganze Abteil hört, oder wenn Jugendliche im Grünen ihre Soundmachine so laut spielen können, dass man es hunderte Meter weit hört, dann kann ich auch bei meinem Spaziergang durch den Wald mein Lied singen, dass es Gott hört und vielleicht auch andere Spaziergänger. Vielleicht kommt es dann auch zu einem Gespräch und zu einem Nachdenken über die entscheidende Frage: „Was muss ich tun, dass ich gerettet werde?“, vielleicht führt dieses Gespräch zum Glauben an Jesus und dazu, dass ein Mensch durch den Glauben selig wird, und dass er sich darüber freut, wie der Kerkermeister, der „sich mit seinem ganzen Haus freute, dass er zu Glauben gekommen war (V. 34)“ und dass er in dieser Freude mit mir und der Gemeinde das Lob Gottes singt. Amen. |