Zum Nachlesen aus dem Gottesdienst mit
Sen. Pfr.in Dagmar Wagner-Rauca
anlässlich des 60-Jahr Jubiläums in Lienz

11. September 2022

Kanzelgruß: Der Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt, sei mit euch allen! Amen.

 

Liebe Festgemeinde!


„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“ (Ps.26,8)


Es ist uns eine Freude, dass wir heute feiern können. Und wir sind den Generationen vor uns sehr dankbar, dass sie dieses schöne Gotteshaus hier erbaut haben. Vor 62 Jahren die Grundsteinlegung, und am 15. Juli vor 60 Jahren war es dann so weit: Die Kirche eingeweiht und „Martin-Luther-Kirche“ genannt.

Ähnlich wie wir heute, hatten sich damals die Leute auf den Weg gemacht, um die Einweihung zu feiern! Einige können sich heute noch gut daran erinnern!
Ein Fest-GD, der in die Geschichte eingegangen ist! Man konnte stolz und dankbar sein. Stellen wir uns vor: Die ganzen Überlegungen, Planungen, die Unterstützungen und Hilfe vieler bis zum Bau und der folgenden Innenraumgestaltung der Kirche. Auf den Bau der Kirche blicken wir auch heute mit großem Respekt zurück!

Gerade hier in Lienz, in Osttirol und im oberen Drautal war es aus der Geschichte der Evangelischen heraus ja besonders wichtig, eine eigene Kirche bauen zu können! Mit Turm und Glocken, (die Glockenweihe erfolgte 1 Jahr später) mit einem schönen Taufbecken und einer Orgel (Orgelweihe 10 Jahre danach, 1973), die auch heute wunderbar erklingt.

Wir haben vorhin das Gleichnis Jesu vom Hausbau gehört – und wenn wir da an die Chronik der PG zurückdenken: da war es notwendig, nach dem ersten Holzkirchlein ein festes Fundament für eine Kirche aus Stein zu bauen!
Und diese Kirche hält stand! Auch wenn stürmisches Wetter und Schneegestöber ist! 
 

Wenn wir uns heute die ganze Geschichte vergegenwärtigen, dann wissen wir, dass die Motivation und Grundlage für den Kirchenbau der Glaube der Menschen war und ist, das Christsein, der Wunsch und die Identität:
Wir Evangelischen brauchen jetzt hier in Lienz eine richtige Kirche! Wir sind aber auch dankbar und froh, dass hier von den Pfarrern und den Gläubigen immer auch die Ökumene gelebt wurde. (Bsp. WGT, und verschiedene gesellschaftliche und kirchliche Anlässe)
Trotzdem ist es gut, wenn wir einen Ort haben unserer Identität, ein Ort, der uns eine geistliche Heimat ist.
Das Wesentliche war also der Glaube der in den Familien und Häusern gelebt und weitergetragen wurde, der Glaube an die Liebe und Gnade Gottes, der Glaube an Jesus Christus!

Das sagt auch der Bibelvers aus, der hier oben über dem Altarraum steht: Joh 1, 17:
Die Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden.

Es ist die Antwort, die der Evangelist Johannes gibt, auf die Frage:
Wo oder wie wohnt Gott? Wie können wir seine Herrlichkeit erkennen?
Die Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden.

Das heisst durch ihn wohnt Gott unter uns. In Ihm können wir Gottes Herrlichkeit erkennen und seine Gnade und Wahrheit erfahren.
Wir können uns an Jesus Christus orientieren, indem, was er gesagt oder getan hat - und immer wieder auch aufs Neue unser Gottvertrauen stärken – und so Gemeinde und Kirche sein!       

In dem Gleichnis vom Hausbau, das Jesus erzählt, geht es ja um uns, um unser Lebenshaus und um unseren Glauben! Ist mein Lebenshaus auf Sand oder Fels gebaut? Wird es standhalten, wenn Stürme kommen?
Beides erleben wir oft: die schönen und glücklichen Zeiten, aber auch Leidvolles und Schweres bleibt oft nicht aus.

Und auch als Gemeinde erlebt man in 60 Jahren so einiges. Viel Dankbares und Gutes, vieles an Miteinander und Füreinander. Feste im laufenden Kirchenjahr.

Aber auch Krisen, Stürme sind nicht ausgeblieben, v.a. in den letzten Jahren. – Aber mit Gottes Hilfe und vereinten Kräften ist es weitergegangen und geht es weiter.
Der Zusammenhalt war und ist wichtig! Und oft ist es nur ein kleiner Kern, der zusammensteht, wie ein Fels in der Brandung – die, die sagen, wir geben nicht auf!

Aber von diesem kleinen Kern an Gemeinde, der nicht aufgibt, der vertraut, der betet, der sich kümmert und sorgt -  davon strahlt viel aus!  
Auf die ganze Gemeinde, und auch auf Gäste, die gern hierher kommen – und die die Wärme, - euer Engagement und die Freundlichkeit von euch spüren.

Dazu gehört so vieles, was oft im Hintergrund geschieht: Kirchenputz, Blumen und Kirchenkaffee, Kinder- oder FamilienGD, oder mal jemand älteres besuchen. Gedanken fürs Gemeindeblatt schreiben, Orgelspielen und musizieren, auf die Finanzen schauen und vieles vieles mehr.    
Wir sind dankbar für alle Dienste der Nächstenliebe und für alles haupt- und ehrenamtliche Wirken hier an diesem Ort!

So haben sich Menschen auf unterschiedliche Weise im Gemeindeleben der Pfarrgemeinde eingebracht, auch in den Predigtstationen, in Steinfeld und Greifenburg, in Dellach und Winklern und im Sommer durch die Urlauberseelsorge in verschiedenen Orten dazu.
Denn nicht nur das Kirchengebäude ist ja Kirche, sondern wir alle- die wir uns einbringen sind lebendige Bausteine dieser Kirche.

In den 60 Jahren sind GemeindevertreterInnen, Presbyterinnen, Mitarbeitende, Pfarrer und Pfarrerinnen und Lektoren hier gestanden mit einem lachenden oder einem weinenden Auge und haben sich wohl so manches mal in ihrem Herzen gedacht:
„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“ (Ps.26,8)

Ja, hier ist Raum, den Glauben zu stärken, miteinander vor Gott zusammen zu sein, um Gott die Ehre zu geben mit Liedern und Instrumenten, um Gottes Wort aus der Bibel und Predigt zu hören, um die Sakramente zu feiern, um miteinander unseren christlichen Glauben zu bekennen.

Gott loben und danken, Gott bitten um seine Hilfe und seinen Beistand, um Vergebung und Erbarmen, um seinen Frieden.
Seit 60 Jahren kommen Menschen hier zusammen, zu Sonn- und Feiertagen und zu besonderen Lebensabschnitten!
Um Gottes Segen zu erbitten für Täuflinge, Konfirmanden, Brautpaare, und um für Trauernde zu beten.
Gerade wenn Menschen zu besonderen Lebensabschnitten in die Kirche kommen, spüren sie: Die Kirche ist ein heiliger Ort.
Nicht nur weil sie geweiht ist, sondern weil Gott hier in besonderer Weise gegenwärtig ist: Gegenwärtig im Geschehen, im GD Feiern!

Eure Kirche, die Martin-Luther-Kirche strahlt Geborgenheit aus. Man fühlt sich hier schnell zuhause.   
Natürlich ist Gott nicht an diesen Raum gebunden. Gott hat viele Möglichkeiten, Menschen zu begegnen.
Es gibt viele Orte, wo wir Gottes Spuren entdecken können… und wo wir Kraft tanken, beten, zur Ruhe kommen, inspiriert werden, auch mal den Blick wechseln …
Und Gottes Geist ist ja dort, wo wir aus ihm und mit ihm leben!
Aber in einer Kirche singen, anbeten und bekennen wir gemeinsam und halten Fürbitte für andere.
Und ganz unterschiedliche Menschen sind  hier oft zusammen – Einheimische und Urlauber, Arme und Reiche, durch alle Generationen.  

Man kann hier in der Kirche allein einkehren, in die Stille gehen,
aber auch gemeinsam Gottesdienst feiern, so wie wir heute.
Jede/r ist herzlich willkommen.

Und jeder, der hier ist, nimmt etwas mit auf seinen Weg, in sein Lebenshaus – etwas von Gottes Trost und Kraft, von Gottes Gnade und Liebe, von seiner Herrlichkeit und von Gottes Segen.  

Und so möge das alte Psalmwort uns allen heute und auch in Zukunft weiter aus dem Herzen sprechen:
„Ja, Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“
Amen.

(Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, Amen.)

 

 

   
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